Generelles Justizapperat

Generelles

Juristen waren neben Soldaten und Medizinern die bedeutendste Berufsgruppe, die das Rückgrat der NS-Diktatur bildeten. Der Machtapparat ist ohne tatkräftige Unterstützung von Juristen in Gesetzgebung, Verwaltung, Gerichten und Strafverfolgung nicht vorstellbar. Vom Reichsjustizministerium an bis zur Geheimen Staatspolizei arbeiteten linientreue Juristen für das „Dritte Reich“ und -abgesehen von Ausnahmen- auch später in der Bundesrepublik. Belastete Juristen fanden sich in höchsten Staatsfunktionen, bei obersten Bundesgerichten und an juristischen Fakultäten der Unis (Standard-Kommentare und Lehrbücher sind bis heute benannt nach Dreher, Palandt, Larenz…). Das Bundesjustizministerium räumt selbstkritisch ein, dass noch nicht einmal der Versuch unternommen wurde, Unbelastete, Überlebende oder Remigranten zum Ministerium zu holen. Man setzte überall lieber auf „erfahrene“ Rechtstechnokraten.
Die nationalkonservative antidemokratisch autoritative Grundhaltung und die damit nicht zu hinterfragende Befolgung staatlicher Anweisungen begründete eine weitgehende Interessenidentität vieler Richter und Staatsanwälte mit den staatspolitischen Grundforderungen des Nationalsozialismus. Anfang der dreißiger Jahre beeinflussten der nach subjektiver Wahrnehmung infolge von Straßenschlachten zwischen Kommunisten und Nazis drohende Bürgerkrieg und die befürchtete kommunistische Revolution die ohnehin wenig ausgeprägte republikanische Grundhaltung der Juristen. 
In politischen oder politisierten Strafrechtsverfahren entschieden sich die höheren Justizbeamten (Richter und Staatsanwälte) für eine immer radikalere Gangart und degenerierten zu zweckdienlichen Erfüllungsgehilfen totalitärer Machtsicherung. Hierbei spielte auch eine Rolle, dass das Verhältnis von Staat und NSDAP nicht eindeutig geregelt war und zunehmend zu Kompetenz- und Herrschaftschaos führte. Die Justiz befürchtete, dass Hitlers grundsätzliche Aversion gegenüber traditioneller Rechtspflege und die von ihm geförderten Eingriffe von SS und Gestapo in die Strafvollstreckung sie ihrer staatlicher Strafhoheit berauben könnte. Hieraus resultierender vorauseilender Gehorsam führte zu immer brutaleren Urteilen, z.B. zu Todesstrafen wegen Bagatelldelikten.  

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