Unser Bürgerbegehren

Unser Bürgerbegehren in Viersen.
(so haben wir es gemacht)


Vorweg zur Information:

Was ist ein Bürgerbegehren?

In einem Bürgerbegehren beantragen die Bürger einer Stadt, dass sie anstelle des Rates über eine Angelegenheit der Gemeinde selbst entscheiden. Diese angestrebte Entscheidung nennt man einen Bürgerentscheid.
Ziel eines Bürgerbegehrens ist also der Bürgerentscheid. Ein Bürgerentscheid kann auch vom Rat der Stadt beschlossen werden. Sollte der Rat der Stadt der Meinung sein, ein Anliegen sollte von den Bürgern direkt entschieden werden, so kann er dies mit einer 2/3 Mehrheit beschließen (Ratsbürgerentscheid).

Ein Bürgerbegehren kann initiierend oder kassierend sein. Was bedeutet das?

Die Initiatoren möchten etwas Neues erreichen, mit dem sich die Vertretungskörperschaft noch nicht beschäftigt hat - das "initiierende Bürgerbegehren".

Oder sie möchten etwas verhindern, dass der Rat beschlossen hat, bzw. sie möchten etwas, das die Vertretungskörperschaft bereits abgelehnt hat, doch noch durchsetzen - das "kassierende Bürgerbegehren".

Geregelt ist dies in der Gemeindeordnung NRW (§26), der Verordnung zur Durchführung eines Bürgerentscheids und im Falle unserer Initiative lokal in der Satzung zur Durchführung von Bürgerentscheiden in der Stadt Viersen.

Soweit zu den Grundlagen. 


Wie ist es 2018 in Viersen abgelaufen?

Zunächst gab es einen Ratsbeschluss. 

Dieser Beschluss war Anlass für Uwe Micha, eine Facebook-Gruppe zu gründen. Uwe Micha wollte sich mit diesem Ergebnis der Ratssitzung nicht zufrieden geben und suchte über diesen Weg Bürger, die mit dem Beschluss ebenfalls nicht einverstanden waren.

Hier direkt ein Einschub. Es ist wichtig, bei der Planung eines Bürgerbegehrens von Anfang an Mitstreiter zu werben. Hier bieten sich die sozialen Medien an, da diese leicht zu handhaben sind. Ebenso ist es wichtig, sich über die Ausgangslage im Klaren zu sein. So gibt es zum Beispiel Fristen, die eingehalten werden müssen. Der Antrag auf ein Bürgerbegehren, das sich gegen eine Entscheidung des Rates richtet, muss zum Beispiel innerhalb von 6 Wochen nach dessen Bekanntgabe eingereicht werden.





Als nächstes wurde der Antrag auf das Bürgerbegehren gestellt. Der Antrag als solcher kann formlos gestellt werden, jedoch muss er einige Bestandteile enthalten.

Zum einen muss der Antrag die Fragestellung enthalten, über die beim späteren Bürgerentscheid abgestimmt werden soll, zum anderen muss der Antrag begründet werden. Hier ist es wichtig, schon zu diesem frühen Zeitpunkt die richtige Fragestellung zu formulieren und darauf zu achten, dass diese mit „Ja“ oder „Nein“ eindeutig zu beantworten ist.

Des Weiteren müssen bis zu 3 Vertretungsberechtigte benannt werden. Die Vertretungsberechtigten sind die Ansprechpartner für die Dauer des Bürgerbegehrens.


Die Stadtverwaltung prüft nun den Antrag auf seine formale Richtigkeit. In unserem Fall haben wir zunächst einen Entwurf des Antrages mit der Stadtverwaltung gemeinsam geprüft. Die Stadtverwaltung ist den Bürgern bei der Einreichung des Antrages behilflich. 

Nach Einreichung des Antrages schätzt die Stadtverwaltung die Kosten, die bei Umsetzung des im Antrag formulierten Wunsches der Gemeinde entstehen würden. Diese Kostenschätzung ist wichtig und findet üblicherweise zu einem späteren Zeitpunkt noch Berücksichtigung. In unserem Falle entstanden der Gemeinde keine Kosten, aber auch dies wird einem dann mitgeteilt.

Der Rat der Stadt beurteilt nun die Rechtmäßigkeit des Bürgerbegehrens. Die Vertretungsberechtigten werden dann über die Zulässigkeit informiert. Auch wird dann festgestellt, bis zu welchem Stichtag die notwendige Anzahl von Unterschriften bei der Stadt eingereicht werden muss. Die notwendige Anzahl der Unterschriften, dass Quorum, richtet sich nach der Einwohnerzahl der Gemeinde. 


Unterschriften sammeln … Das wäre jetzt der nächste Schritt, denkt man vielleicht. Aber zuvor müssen die Unterschriftslisten erstellt werden. Auch hier gibt es Anforderungen. Es müssen enthalten sein:
  • Die Abstimmungsfrage
  • Die Begründung
  • Kostendeckungsvorschlag oder Kostenschätzung der Stadt
  • Die Namen der Vertretungsberechtigten
Das kann mitunter viel Text sein, der untergebracht werden muss, zudem muss er leserlich sein (also nicht zu klein). Am besten lässt man die Unterschriftenliste ebenfalls von der Stadtverwaltung prüfen, so darf man sicher sein, später nicht an solchen Formalien zu scheitern.


Jetzt kommt die Zeit, in der man für jede Unterstützung und helfende Hand dankbar ist. Unterschriften sammeln ist reine Fleißarbeit. Wer von Anfang an darauf geachtet hat, sein Netzwerk auszubauen, der weiß spätestens jetzt, wofür dies gut war.
Wir hatten zum Glück viele Unterstützer, die Unterschriften gesammelt haben, aber da die Zeit begrenzt ist, sollte man mehrgleisig fahren. Wir haben zum Beispiel:
  • Unterschriftslisten zum Download angeboten und dies publiziert.
  • Einzelhändler für unsere Sache gewonnen, die dann in ihren Geschäften Listen ausgelegt haben.
  • Viel Presse- und Öffentlichkeitsarbeit geleistet.
  • Informationsveranstaltungen durchgeführt und so Multiplikatoren gewonnen.
  • Die Stadtverwaltung mit eingebunden und so in städt. Einrichtungen Listen auslegen können.
Bei allem, was man unternimmt, sollte man eines nicht vergessen: Es wird immer Menschen geben, die gegen das sind, was man selbst für gut und richtig hält. Die Macht politischer Institutionen einer Stadt ist dabei nicht zu unterschätzen. Unserer Erfahrung nach fährt man am besten, wenn man Folgendes beherzigt:
  • Andere Mitmenschen dürfen ruhig eine andere Meinung haben.
  • Immer fair und vor allem sachlich bleiben. Emotionale Äußerungen schaden immer dem, der sie tätigt.
  • Das Ziel steht im Vordergrund und nicht die Personen, die dieses Ziel nach außen tragen.
  • Es macht einen Unterschied, ob man für etwas eintritt oder gegen etwas.
  • Verbündete sind immer gut, aber man sollte sich nicht vor den Karren eines anderen spannen lassen.


Unterschriftslisten voll … was nun?
Wir haben unsere ausgefüllten Listen in mehreren Etappen bei der Stadtverwaltung abgegeben. Zum einen erleichtert es den Sachbearbeitern die Prüfung der Unterschriften, zum anderen lässt sich jede Abgabe auch werbewirksam nutzen. Die Verwaltung der Stadt teilt einem dann auch gerne den jeweils aktuellen Stand der gültigen Unterschriften mit. Zu beachten ist, dass man gut 10% mehr Unterschriften sammeln sollte als mindestens nötig. Es finden sich hinterher doch noch einige doppelte Unterschriften oder aus anderen Gründen ungültige. Jede gültige Stimme wird gezählt, aber alle abgegebenen Stimmen geprüft. Man bekommt sehr genau darüber Auskunft, wenn man fragt. 
Wenn dann der Stichtag gekommen ist, müssen alle Unterschriftslisten abgegeben werden. Es ist nicht möglich, noch nachträglich welche einzureichen.
Wir haben aus diesem Grund auf den Unterschriftslisten einen etwas früheren Termin für die Abgabe angegeben. So waren dann auch noch die Nachzügler pünktlich.
Jetzt werden alle Unterschriften geprüft und dieses Ergebnis den Vertretungsberechtigten mitgeteilt.
Nach Erreichen des Stichtages und der notwendigen gültigen Stimmenanzahl muss der Rat der Stadt über das Bürgerbegehren beraten. Den Vertretungsberechtigten soll dabei die Möglichkeit gegeben werden, ihren Antrag zu erläutern.
Dies ist ein wichtiger Termin, diese Ratssitzung. Schließlich geht es hier ja um das, wofür man u.U. monatelang gekämpft hat. Da dieser Teil der Ratssitzung immer öffentlich sein muss, bietet es sich an, viele seiner Unterstützer zu mobilisieren, an diesem Termin teilzunehmen. Eine solche „Abstimmung mit den Füßen“ kann dann noch sehr hilfreich sein. Die Möglichkeit zur Erläuterung haben wir auch wahrgenommen.


Jetzt wird der Rat eine Entscheidung fällen. Entspricht er dem Bürgerbegehren, so entzieht er dem Bürgerbegehren die Grundlage und man hat es geschafft. Entspricht er dem Bürgerbegehren nicht, dann muss innerhalb von 3 Monaten ein Bürgerentscheid durchgeführt werden.

Sollte der Rat nicht dem Bürgerbegehren entsprechen, gibt er die Entscheidung endgültig aus der Hand. Die Stadtverwaltung ist nun in der Verpflichtung, einen Bürgerentscheid durchzuführen. Dieser läuft im Groben genauso ab wie eine Kommunalwahl, also mit Wahlbenachrichtigungen und Wahlbüros / Briefwahl. Für die Initiatoren bedeutet dieser Weg dann weitere 3 Monate harte Arbeit … welche sich aber lohnt.

Wir haben es erreicht, dass der Rat seinen Entschluss aufgehoben hat und dem Bürgerbegehren entsprochen hat. So blieb uns, wie aber auch der Stadt, ein Bürgerentscheid erspart.

Wir hoffen, euch mit dieser Erläuterung hilfreich gewesen zu sein. Das Beispiel der „Stolpersteine“ zeigt ganz gut, wie bürgerschaftliches Engagement etwas bewegen kann. 
Das Mittel des Bürgerbegehrens wie auch des Bürgerentscheides sind urdemokratische Mittel, um für das einzutreten, was nach Meinung aktiver Bürger nicht durch die Entscheidungen des Stadtrates hinreichend beachtet oder abgedeckt worden ist.

Bei Fragen stehen wir euch gerne zur Verfügung und geben unsere Erfahrungen gerne weiter.

Weiterführende Informationen findet ihr unter:
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